Zu pessimistische Budgets im Kanton Zürich: Studie schaut am falschen Ort
In den Jahren 1999 bis 2009 hat der Kanton Zürich seine Einnahmen* um rund 3.8 Mrd. Fr. zu pessimistisch budgetiert. Das entspricht einer Unterschätzung um 3.4 Prozent. Irritierend war deshalb der Auftritt der Zürcher Finanzdirektorin gestern, die aufgrund einer Studie von Christoph Schaltegger zum Schluss kam, dass der Kanton Zürich keine systematischen Prognosefehler macht (Link).
Doch es kommt halt darauf an, was man anschaut. Schaltegger hat nur die Budgetfehler bei den Steuererträgen angeschaut (Link). Doch der Kanton hat weitere bedeutende Ertragsquellen. Beispielsweise Gebühren oder Anteile an den Bundeseinnahmen (dir. Bundessteuer, Verrechnungssteuer). Die Steuererträge machen rund 45 Prozent der Gesamterträge aus. Der Posten "Konzessionen/Entgelte" (Gebühren) rund 25 Prozent und der Posten "Anteile/Beiträge/Rückerstattungen" (u.a. Bundesanteile) nochmals etwas über 25 Prozent. Schaut man diese beiden anderen grossen Ertragsquellen neben den Steuern an, findet man die systematischen Unterschätzungen. Diese lassen sich ökonometrisch für den Zeitraum von 1999 bis 2009 nachweisen.**
Die Fehler dürften aber nicht nur Fehler der Zürcher Budgetierung sein. Bei den Bundesanteilen dürften der Kanton auch Opfer der Budgetierungsfehler beim Bund unter Bundesrat Merz sein. Doch die Budgetfehler bei den Gebühren muss der Kanton auf die eigene Kappe nehmen. Die Finanzdirektion des Kantons Zürich sollte deshalb alle Ertragskomponenten und nicht nur die Steuererträge kritisch überprüfen.
Dass die Kantone in ihren Budgets systematisch zu pessimistisch sind, ist nichts Neues. Prof. Soguel von der Uni Lausanne hat das in einer umfassenden Studie nachgewiesen (Link). Wahrscheinlich haben die Budgetierungsfehler in den letzten Jahren noch zugenommen. Nimmt man die Fehler von Bund und Kantonen seit 2004 zusammen, waren die Rechnungen der beiden Gebietskörperschaften zusammen um 40 Mrd. Fr. besser als budgetiert! Das entspricht rund 7 Prozent des Schweizer BIPs.
Die Unterschätzung gefährdet den Service public. Die Lohnentwicklung des öffentlichen Personals hinkte in den letzten Jahren derjenigen der Privatwirtschaft hinterher (Link, S. 3), was mittlerweile zu Rekrutierungsproblemen führt. Der öffentliche Verkehr leidet unter diesen künstlichen Finanzproblemen. Und auch die IV hätte bei einer korrekten Budgetierung entschuldet werden können.
* Einnahmen = Ertrag - interne Verrechnungen - Entnahmen aus Spezialfinanzierungen
** Abgezogen wurden die ausserordentlichen Erträge aus dem Golderlös der SNB im Jahr 2005