Milliardengewinne der Firmen bei einem Nein zur Altersvorsorge 2020 auf Kosten der AHV und der Privathaushalte
Bei einem Nein zur Altersvorsorge 2020 erhält die AHV keine zusätzlichen MWSt-Prozente. Davon werden die Firmen mit Milliardenzusatzgewinnen auf Kosten der AHV und somit der Privathaushalte profitieren. Denn die Firmen werden die ab 2018 wegfallenden 0.3 MWSt-Prozente für die IV bzw. die Senkung der MWSt von 8 auf 7.7 Prozent kaum an die Privathaushalte weitergeben. Das zeigen ökonomische Studien. Damit würden bis zu 3 Milliarden Franken oder fast 1000 Fr./Haushalt von den AHV-Konten der Privathaushalte in die Kassen der Unternehmen verschoben.
In der Altersvorsorge 2020 fliessen 0.6 zusätzliche Mehrwertsteuerprozente in die AHV. Diese Massnahme ist zeitlich gestaffelt. Die ersten 0.3 MWSt-Prozente werden bereits auf Anfang 2018 fällig. Sie lösen die bis Ende 2017 befristeten 0.3 MWSt-Prozent für die IV ab. D.h. obwohl die AHV knapp eine zusätzliche Milliarde Franken aus der MWSt erhält, bleibt der MWSt-Satz bei 8 Prozent. Die zweiten 0.3 Prozent folgen dann 2021 (Erhöhung des MWSt-Satzes auf 8.3 Prozent). Zusätzlich soll die AHV neu die gesamten Einnahmen aus dem „Demografieprozent“ erhalten und nicht nur 83 Prozent.
Wenn die Vorlage in der Volksabstimmung scheitert, sinkt der MWSt-Satz somit auf 7.7 Prozent. Theoretisch müssten die Firmen ihre Preise entsprechend senken und den tieferen MWSt-Satz an die Kunden weitergeben. In der Realität wird das aber leider etwas anders ausschauen. Die Erfahrung zeigt, dass die Firmen MWSt-Senkungen nicht oder nur unvollständig weitergeben. Im bisher am besten untersuchten Fall einer MWSt-Senkung im Vereinigten Königreich im Jahr 2008 haben die Firmen ihre Preise zunächst unter grossem politischem Druck gesenkt. Doch bereits nach wenigen Monaten wurden sie wieder nach oben korrigiert (s. die Box unten). Im relativ konzentrierten und im Vergleich zum Ausland weniger preissensitiven Schweizer Detailhandel beispielsweise ist die Gefahr besonders gross, dass die Firmen die MWSt-Senkung zur Erhöhung ihrer Margen missbrauchen und nicht dauerhaft an die Kunden weitergeben werden. Dazu kommt, dass die MWSt-Senkung auf 7.7 Prozent politisch im Unterschied zum damaligen Konjunkturprogramm in UK nicht die zentrale politische Massnahme ist, sondern nur ein Nebeneffekt der Ablehnung der AV2020. Sie steht nicht unter einer entsprechenden politischen Beobachtung.
Das würde bedeuten, dass die Milliarde aus dem Wegfall der 0.3 IV-Prozente bei einem Nein nicht bei den Privathaushalten, sondern in den Kassen der Firmen landen wird. Ob und wann eine neue Reform schliesslich in Kraft treten wird, ist offen. Das Szenario der Gegner, auf 2021 eine neue Reform aufgegleist zu haben, ist nicht realistisch. Doch selbst wenn dieser Fall eintreten sollte, dürften sich die Firmen bei einem Nein auf Zusatzgewinne zuungunsten der Privathauhalte bzw. der AHV in der Grössenordnung von bis zu 3 Milliarden freuen (über 3 Jahre). Bei den rund 3.5 Millionen Haushalten in der Schweiz entspricht das gegen 1000 Franken pro Haushalt, welche vom AHV-Konto der Privathaushalte in die Kassen der Firmen verschoben würden.
Hintergrundinfo: Verhalten der Firmen bei einer MWSt-Senkung
MWSt-Senkungen sind nicht allzu häufig. In der Schweiz gab es das noch nie. Doch aus anderen Ländern gibt es gewisse Beispiele, an denen sich das Verhalten der Firmen untersuchen lässt. Am besten untersucht ist die temporäre Senkung des MWSt-Satzes im Vereinigten Königreich ab Dezember 2008 für 13 Monate. Die Untersuchungen zu den Auswirkungen zeigen, dass die Firmen zwar unmittelbar bei der Einführung die MWSt-Senkung über tiefere Preise weitergaben. Der politische Druck war sehr gross, das zu tun. Doch bereits nach wenigen Monaten stiegen die Preise wieder an. Die MWSt-Senkung kam nicht mehr den KonsumentInnen zugute, sondern landete in Form von höheren Margen in den Kassen der Unternehmen.[1] In den letzten Jahren senkte auch Rumänien die MWSt. Die Auswirkungen sind leider nicht genau untersucht. Man kann aber sagen: Je grösser der politische Druck (und die Überwachung), dass die MWSt-Senkung über Preissenkungen an die Kunden weitergegeben wird, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Firmen – wenigstens vorübergehend – auch tun. Wenn die Politik die Preispolitik nicht genau überwacht und sanktioniert, werden die Firmen ihre Preise hingegen wieder rasch nach oben anzupassen versuchen. Diese gelingt ihnen umso besser, je grösser die Marktmacht ist. Im relativ konzentrierten und im Vergleich zum Ausland weniger preissensitiven Schweizer Detailhandel beispielsweise ist die Gefahr gross, dass die Korrektur zugunsten der Firmen rasch erfolgen wird.
[1] s. auch
https://link.springer.com/content/pdf/10.1057%2Felmr.2009.139.pdf
- 0 Kommentare Kommentar(e)
Mein Kommentar
Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.