Personalmangel im Gesundheitswesen wegen zu tiefen Löhnen
Obwohl das Gesundheitswesen über einen Personalmangel klagt, sind die Löhne im 2014 real nur um 0.1 Prozent gestiegen. Offenbar spielen hier die Marktkräfte nicht, sonst hätte eindeutig ein stärkerer Anstieg resultieren müssen. Dabei sind gerade die Löhne in der Branche ein Problem. Eine Umfrage unter den Spitälern hat nämlich gezeigt, dass die zu tiefen Löhne nach der ungenügenden Ausbildungsaktivität und den unattraktiven Arbeitszeiten der drittwichtigste Grund für den Personalmangel ist.
Eine Studie zum Einkommen von FachhochschulabsolventInnen in der Grossregion Espace Mittelland zeigt, dass die Berufe des nicht-ärztlichen Gesundheitswesens vergleichsweise tiefe Löhne erzielen, obwohl sie unter einem zunehmenden Fachkräftemangel leiden. Dies hat unter anderem damit zu tun, dass die Pflege und Medizinal-Berufe z.B. im Kanton Bern in deutlich tiefere Gehaltsklassen eingeteilt sind als vergleichbare Berufe mit gleichem Bildungsniveau. Dies hat grosse Auswirkungen auf die Branche, weil sich auch private Gesundheitsinstitutionen am kantonalen Lohnsystem orientieren.
Die tiefen Löhne und die unattraktiven Arbeitszeiten haben zur Folge, dass sich jährlich ein beträchtlicher Teil des Gesundheitspersonals aus der Branche verabschiedet bzw. dass die Branche zu wenig attraktiv ist, um neues Personal anzuziehen.
Der Personalmangel im Gesundheitswesen ist zu einem grossen Teil die Folge von zu schlechten Arbeitsbedingungen, d.h. er ist hausgemacht. Vor diesem Hintergrund sind die Debatten über die „Zuwanderung“ bzw. die Forderung der SVP, die Bilateralen abzuschaffen, geradezu grotesk. Denn auch unter einem Kontingentssystem werden die Spitäler und Heime Personal aus dem Ausland holen, solange man sie nicht zwingt, ihre Arbeitsbedingungen so anzupassen, dass es für InländerInnen möglich oder attraktiv ist, in der Branche zu arbeiten. Statt die für den Wohlstand und die Arbeitsplätze in der Schweiz wichtigen bilateralen Brücken abzubrechen, müssen hierzulande die Löhne und die übrigen Arbeitsbedingungen verbessert werden. Die Kantone spielen dabei eine Schlüsselrolle.