Departement Schneider-Ammann: Stimmungsmache gegen die Ärmsten statt die Arbeitgeber in die Pflicht zu nehmen
Die neuste Ausgabe der vom Departement Schneider-Ammann herausgegebenen und finanzierten Zeitschrift „Die Volkswirtschaft“ bereitet einen Angriff auf die Sozialleistungen der gesellschaftlich Schwächsten in der IV, der EL und der Sozialhilfe vor. Mit dem fiesen Ansatz, dass die „Sozialwerke die Arbeitsanreize hemmen“ würden. Weil ein Teil der Leistungen zu gut sei, lohne sich die Erwerbsarbeit nicht. So das Ergebnis der Studie im Auftrag des Seco – durchgeführt vom wirtschaftsliberalen Ökonomieprofessor Schaltegger.
Dabei wird die wichtigste Frage gar nicht untersucht, nämlich welche und wie viele Personen überhaupt eine Chance haben, eine Stelle zu finden. Professor Schaltegger nimmt an, dass jeder, der eine Stelle sucht auch eine findet. Im Ökonomenjargon schreibt er: „.In dieser Studie wird implizit davon ausgegangen, dass eine passende Nachfrage sowie ein funktionierendes Matching vorhanden sind.“ Dabei weist sogar der Überblick über den Forschungsstand in der Langfassung der Studie darauf hin, dass fast nur bessere Kinderbetreuungsangebote (Frauen) und eine Verbesserung der Lage bei den älteren Arbeitnehmenden dazu führen, dass mehr Personen arbeiten würden (S. 19). IV-Bezüger und Sozialhilfeabhängige haben viel schlechtere Chancen eine Stelle zu finden.
Jeder weiss, dass die Bedarfsleistungen heute so tief sind, dass sie - wenn überhaupt – nur gerade zum Überleben reichen. Ein aktives gesellschaftliches Leben ist damit kaum mehr möglich. Um „Arbeitsanreize“ zu schaffen, müsste - wenn schon - beim Lohn angesetzt werden. Die neuere Forschung zeigt, dass in gewissen Tieflohnbranchen marktmächtige Arbeitgeber die Löhne drücken. In diesem Blog finden sich verschiedene Artikel dazu. In Deutschland ist das beispielsweise im Detailhandel der Fall. Für die Schweiz gibt es keine entsprechende Studie. Es würde aber nicht überraschen, wenn sie zum gleichen Schluss käme. Die beste sozialpolitische Massnahme wäre daher die Einführung von Mindestlöhnen, wie das der Kanton Neuenburg gemacht hat. Oder mehr Gesamtarbeitsverträge mit guten Mindestlöhnen. Beispielsweise im Detailhandel. Doch beide Massnahmen werden von Bundesrat Schneider-Ammann und seinen Leuten heftig bekämpft. So haben sie sogar die tiefen Mindestlöhne für den Gesamtarbeitsvertrag der Tankstellenshops im Tessin gestrichen (3'600 Fr.). Diese seien zu hoch! Lieber machen sie Stimmung gegen die Ärmsten, als dass sie die Arbeitgeber zwingen würden, ihre soziale Verantwortung wahr zu nehmen.
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