Schweiz ohne Industrie: Der Traum der CS-Ökonomen
Die Überprüfung von Wetterprognosen ist simpel. Man muss nur aus dem Haus gehen und man weiss, ob die Prognose gestimmt hat oder nicht. Wenn es regnet, regnet es. Egal, wie die Prognose war. In der Ökonomie ist eine Überprüfung von Prognosen und Analysen viel schwieriger. Darum ist auch viel ideologischer Missbrauch möglich.
Ein neues Beispiel dafür ist der Bericht der Crédit-Suisse zur "Struktur der Schweizer Wirtschaft 1998-2020" (Link). Da versucht eine Grossbank zu erklären, dass sich die Schweiz glücklich schätzen kann, wenn sie von der Krise weniger stark betroffen ist, als andere Länder. Kein Wort davon, dass es vor allem die (Gross-)Banken waren, die die Schweiz bzw. die ganze Welt in die Krise geritten haben. Kein Wort davon, dass das Bruttoinlandprodukt nach wie vor tiefer ist, als vor Ausbruch der Krise und dass die Arbeitslosigkeit stark gestiegen ist. Wichtig ist nicht, dass es uns besser geht. Sondern glücklich ist offenbar, wer sieht, dass es anderen noch schlechter geht. Eine eigenartige Sicht ...
Im Kapitel zur Branchenentwicklung bis 2020 lassen die Banker ihren Phantasien dann freien Lauf. Wegen der "anhaltenden Frankenstärke" (S. 32) soll künftig Produktion ausgelagert werden. Nota bene: Die Frankenstärke ist eine Folge der Finanzkrise. Die Schweiz wird in der Phantasie der Banker mehr und mehr zu einem Finanz- und Holdingstandort. Einzige Bedingung: Die Bankeregulierungen in der Schweiz dürfen "nicht all zu sehr vom internationalen Standard abweichen" (S. 33). Dann würde der Schweizer Finanzplatz von den Unsicherheiten im Euroraum profitieren und die Anleger würden ihre Vermögen in die Schweiz tragen. Wodurch der Franken natürlich hoch bewertet bleibt. Im Traumszenario der Banker wird der Anteil des Finanzsektors am Schweizer Bruttoinlandprodukt somit künftig nicht sinken, sondern sogar steigen. Die Schweiz würde noch abhängiger von ihren Grossbanken und den Finanzmärkten, als sie es schon war.
Damit solche Schreckensszenarien nicht eintreffen, braucht es eine Geldpolitik, die die Überbewertung des Frankens bekämpft. Der faire Frankenkurs dürfte irgendwo zwischen 1.45 und 1.50 Fr./Euro sein. Doch je länger der Franken überbewertet ist, desto grösser ist die Gefahr, dass Teile der Produktion dennoch ausgelagert werden.
Damit verabschiedet sich der Blog in die Sommerferien. Das ist auch den CS-Ökonomen zu empfehlen. Dann richten sie wenigstens keinen Schaden an.
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