Franken nach wie vor klar überbewertet - SNB muss aktiv bleiben
Ende Juli hat sich der Franken gegenüber dem Euro endlich spürbar abgewertet. Der Franken-Euro-Kurs bewegt sich nun etwas unter 1.15. Im Nachhinein lassen sich immer Erklärungen für Wechselkursbewegungen finden. Doch auch die Devisenmarktexperten haben momentan keine eindeutige Erklärung für diese Abwertung – wenn sie ehrlich sind. Geholfen hat aber sicher, dass sich bei den Wahlen in Frankreich oder in den Niederlanden die pro-europäischen Kräfte durchgesetzt haben. Damit wurde das Vertrauen in den Euro gestärkt. Und die Flucht in den Franken geschwächt.
Doch auch mit 1.15 wäre der Franken gegenüber dem Euro nach wie vor deutlich überbewertet. Je nach Berechnungsweise liegt der „faire“ oder „gleichgewichtige“ Franken-Eurokurs im Bereich von 1.30 Fr./Euro. (zu den Schätzungen s. unten). Das bedeutet, dass sich der Franken auch bei einem Kurs von 1.15 gegenüber dem Euro weiter abwerten müsste. Wie die Wirtschaftsgeschichte aber zeigt, können die Wechselkurse sich über längere Zeiträume von den „Gleichgewichtskursen“ entfernen.
„Gleichgewichtiger“ oder „fairer“ Franken-Euro-Kurs (Franken/Euro)
Die Nationalbank ist deshalb nach wie vor gefordert. Sie muss die Zinsen im Negativbereich halten und alles dafür tun, dass die für die Löhne und die Arbeitsplätze schädliche Überbewertung des Frankens rasch ihr Ende findet.
Positiv ist, dass der Druck auf die Exportindustrie und den Tourismus mit dem Kurs von gegen 1.15 etwas nachgelassen hat. Auch im Hinblick auf die Lohnrunde gibt das mehr Verhandlungsspielraum. Denn bereits beim Frankenkurs von 1.05 bis 1.08 bezeichnete beispielsweise ein Viertel der MEM-Firmen ihre Marge als „sehr gut“. Die jüngsten Umfragen bei den Firmen zeigen, dass sich die Geschäftslage seither weiter verbessert hat.
Der schwächere Franken wird auch zu einer etwas höheren Teuerung führen. Weil die Preise für Produkte, welche die Schweiz aus dem Ausland importiert, etwas steigen werden. Eine Abwertung um 5 Prozent führt mit einer Verzögerung von knapp einem Jahr zu einer um rund 0.5 Prozent höheren Teuerung. Die Teuerungsprognosen von 0.3 bis 0.5 Prozent, die noch zu einem Frankenkurs von unter 1.10 erstellt wurden, dürften sich als zu tief herausstellen – insbesondere für 2018.
*Diese Schätzungen basieren auf verschiedenen Methoden. „Alle Güter“ basiert auf einem Preisniveauvergleich zwischen der Schweiz und der Eurozone, wobei auch Preise nicht-handelbarer Güter (wie Wohnungsmieten) einbezogen werden. Er dürfte die Realität überschätzen. Bei einem Kurs von 1.66 Fr./Euro sind die gesamtwirtschaftlichen Warenkörbe in beiden Regionen gleich teuer. „Konsumentenpreise“ ergibt sich aus der Abweichung der unterschiedlichen Konsumteuerung von einem langfristigen Durchschnitt. Bei der Schätzung „Nominallöhne“ wird die Abweichung der industriellen Lohnstückkosten vom längerfristigen Durchschnitt verwendet. „Unternehmensumfragen“ leitet den fairen Franken-Euro-Kurs aus der unterschiedlichen Entwicklung der Ergebnisse von Unternehmensumfragen in Deutschland und der Schweiz ab (s. auch Blog Daniel Lampart).
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