Fehlkonstruktion der Schuldenbremse: Bund wird immer vermögender - Bevölkerung leidet unter steigenden Krankenkassenprämien
Mit der „Schuldenbremse“ hat sich der Bund ein restriktives finanzpolitisches Regime auferlegt. Der Bund soll „Einnahmen und Ausgaben auf Dauer im Gleichgewicht halten“ (Art. 126 BV). Kurzfristig sind Abweichungen zugelassen, sofern die Wirtschaft unterausgelastet ist oder ausserordentlicher Zahlungsbedarf besteht. Konkret kann der Bund nur so viel ausgeben, wie er einnimmt – korrigiert um einen Konjunktur- bzw. k-Faktor (Finanzhaushaltsgesetz).
Aus ökonomischer Sicht ist die Notwendigkeit der Schuldenbremse fraglich. Doch auch abgesehen davon, gibt es Handlungsbedarf. Der Bund hat in der Zeit der Schuldenbremse mehr als 24.5 Mrd. Fr. mehr eingenommen als vorgegeben. Heute hat er ein Nettovermögen von über 33 Mrd. Fr. (gemäss IMF-Methode). Von Schulden keine Spur. Im Gegenteil wird die Bundeskasse auf Kosten der Bevölkerung, die dringend höhere Prämienverbilligungen bei den Krankenkassenprämien bräuchte, gefüllt.
Technisch gibt es drei Problembereiche. A) Weil die Verwaltung vorsichtig budgetiert, werden jedes Jahr rund 1.5 Mrd. Fr. an vorgesehenen Ausgaben nicht getätigt. B) Die Einnahmenprognosen sind fehleranfällig. In Vergangenheit budgetierte der Bund zu pessimistisch. Zwar wurden in den letzten Jahren gewisse Fehler korrigiert. Ob diese Korrekturen praxistauglich sind, muss sich aber noch zeigen. C) Die Berechnung des Konjunkturfaktors (k-Faktors) ist mit grossen statistischen Unschärfen verbunden. Je nach Verfahren fällt der k-Faktor signifikant höher aus. Die Differenzen betragen rasch 1 bis 2 Einnahmenprozente. Sicher ist, dass die Bundeseinnahmen enger mit dem nominalen als dem vom EFD verwendeten realen BIP zusammenhängen. Das spielt vor allem in Phasen mit wechselkursbedingten Preisentwicklungen eine besondere Rolle. Die Frankenüberbewertung führt zu sinkenden Preisen, was sich bei der MWSt auswirkt, aber auch zu tieferen Steuereinnahmen bei Besteuerung von Erträgen in Fremdwährungen
Unmittelbar besteht deshalb folgender Handlungsbedarf:
- Die Ausgabenunterschreitungen dürfen nicht automatisch dem Ausgleichskonto gutgeschrieben werden, sondern müssen in den Folgejahren wieder zur Verfügung stehen (insb. Kreditreste). Alternativ kann der Bund z.B. die erwarteten (durchschnittliche) Kreditreste bei der Festlegung des Ausgabenplafonds gleich berücksichtigen.
- Allfällige Fehler bei der Einnahmenbudgetierung müssen beseitigt werden.
- Die Schätzung des k-Faktors muss überprüft werden. Prioritär zu prüfen sind a) die Verwendung des nominalen anstelle des realen BIPs sowie b) alternative Schätzverfahren anstelle des Hodrick-Prescott-Filters. Eine robuste und einfach nachvollziehbare Alternative wäre die Vorgabe eines jährlichen Ausgabenwachstums, welche periodisch überprüft würde.
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