Irreführende SVP-Propaganda bei den Migrationsstatistiken. Ein paar klärende Bemerkungen
Mit der Lancierung ihrer Kündigungsinitiative hat sich die SVP im Hinblick auf die Wahlen 19 erneut das Thema Migration/Personenfreizügigkeit/Europa vorgenommen. Man muss man sich deshalb wohl abermals auf üble statistische Vergehen einstellen. Bei der „Masseneinwanderungsinitiative“ behauptete die Partei, dass bis 2050 die Ausländer mit rund 8 Millionen Ausländer in der Schweiz in der Mehrheit sein würden. Bei den Einbürgerungsvorlagen im Jahr 2004 behaupteten entsprechende Inserate, dass es in der Schweiz „in 20 Jahren“ mehr Muslime als Christen geben würde. Aus diesem Grund vorab hier ein paar Darstellungen der Migrationsstatistiken, die leider relativ wenig bekannt sind.
In vielen Fällen werden die Statistiken zur Einwanderung in die Schweiz nur mit Zahlen ab den 1990er-Jahren dargestellt (so z.B. im 20 Minuten zur neuen SVP-Initiative, S. 3). Die Grafiken zeigen dann einen deutlichen Anstieg, der in den letzten Jahren wieder etwas zurückging. Betrachtet man aber den Zeitraum ab 1981 und stellt die Zahlen ins Verhältnis zur Schweizer Wohnbevölkerung, sind die Werte der letzten Jahre nicht höher als diejenigen zu Beginn der 1990er Jahre.
Einwanderung in Prozent der Wohnbevölkerung (ständige Wohnbevölkerung)
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die internationale Mobilität weltweit zugenommen hat. Vor allem bei Jüngeren ist es nichts Besonderes mehr, ein paar Jahre im Ausland zu arbeiten. Ursachen dieser Entwicklung sind u.a. eine generell höhere internationale Offenheit, aber auch die Ausschreibung offener Stellen über das Internet. Vor den 2000er-Jahren erschienen die Stelleninserate fast ausschliesslich in lokalen oder nationalen Zeitungen. Eine Stellensuche im Ausland war kaum möglich. Die Statistiken zeigen denn auch, dass er Anteil ausländischer EU-Staatsbürger in allen Ländern Europas, welche in den letzten Jahren wirtschaftlich nicht tief in der Krise steckten, zugenommen hat.
Entwicklung ausländische Erwerbstätige aus EU-27 an den Erwerbstätigen insgesamt
Die verfügbaren Statistiken zeigen nur, wer auf legale Weise einwandert oder sich im Lande aufhält. Doch es gibt immer wieder Arbeitgeber, die ausländische Arbeitskräfte schwarz- ohne Aufenthaltsbewilligung und Sozialabgaben – anstellen. Im alten Kontingentssystem war das besonders verbreitet. Schätzungen fürs Jahr 1990 gingen von 120'000 bis 180‘000 Betroffenen aus. Mit der Personenfreizügigkeit haben sich die bürokratischen Auflagen beim Bewilligungsverfahren verringert. Dafür wird vor Ort kontrolliert, ob die Löhne, die Sozialversicherungen und die Aufenthaltsbewilligung stimmen. Deshalb dürfte es weniger Schwarzarbeit geben. Der SGB schätzt, dass sie die Zahl der schwarz Angestellten beispielsweise in der Landwirtschaft ungefähr halbiert hat. Das bedeutet auch, dass die offiziellen Statistiken die Einwanderung für die Jahre vor der Personenfreizügigkeit unterschätzen.
Indikator für Schwarzarbeit in der Landwirtschaft (1999=100, sinkende Werte=weniger Schwarzarbeit)
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