Nachteile der Vollgeld-Initiative überwiegen. SNB könnte aber digitale, verzinsliche Konten für Private prüfen - wie das andere Nationalbanken auch tun
Die Vollgeld-Initiative birgt für die Arbeitnehmenden unter dem Strich mehr Gefahren als Vorteile. Deshalb sollte sie abgelehnt werden. International prüfen aber verschiedene Zentralbanken (z.B in Schweden oder in England) bargeldlose Zahlungsverkehr-Konten für Privatkunden einzuführen. Die Schweizerische Nationalbank hat sich dazu noch nicht verlauten lassen. Dabei wäre das auch für die Schweiz prüfenswert.
- Geldpolitisch vertritt die Vollgeld-Initiative einen veralteten Monetarismus. Eine Wiedereinführung wäre mit grossen konjunkturellen Risiken und somit dem Risiko von höherer Arbeitslosigkeit verbunden. Die Zinssteuerung zusammen mit den Massnahmen im Devisenmarkt (Mindestkurs) hat sich als überlegen erwiesen. Etwas zugespitzt reduziert die Initiative die Nationalbank auf einen Geldautomaten, der keine Konjunktursteuerung mehr betreiben kann. In der Finanzkrise hat die SNB stark interveniert. Sie hat die Banken auch mit Liquidität versorgt, weil sich diese untereinander weniger Geld ausliehen.
- Gemäss den Initianten, aber auch gemäss der Botschaft des Bundesrates soll es künftig auf Zahlungsverkehr-Konten keinen Zins mehr geben. Nicht einmal ein Teuerungsausgleich ist vorgesehen. Für die Arbeitnehmenden ist das gegenüber heute finanziell ein Rückschritt. Die Banken werden von ihnen darüber hinaus Gebühren für die Kontoführung verlangen.
Die Vorteile der Initiative werden oft überschätzt. Grundsätzlich kann künftig keine Geschäftsbank mehr in Not kommen, wenn alle Kunden Franken-Konti auflösen wollen. Weil die Zahlungsverkehrkonten voll durch Zentralbankgeld „gedeckt“ sind und ausserhalb der Bankbilanzen geführt werden (im Sinne eines „digitalen Portemonnaies“). In der Realität waren solche Bank-runs im Retail-Banking sehr selten. Bankeninsolvenzen oder Finanzkrisen haben ihren Ursprung vor allem im Kreditgeschäft oder z.T. im Eigenhandel. Daran ändert die Initiative nichts. Allenfalls kann sie sogar kontraproduktiv sein, wenn unter dem Eindruck einer falschen Sicherheit plötzlich Regulierungen gelockert werden.
Dieser negative Befund zur Vollgeld-Initiative heisst aber per se nicht, dass die Nationalbanken nicht doch für Privatkunden digitale, verzinsliche Zahlungskonten einführen sollen. Für die Arbeitnehmenden wäre das eine interessante Alternative zu den heutigen Zahlungsverkehr-Konten – vor allem unter Sicherheitsgesichtspunkten. In den Zentralbankenkreise im Ausland gibt es dazu einiges an Bewegung. In den nordischen Ländern ist der bargeldlose Zahlungsverkehr relativ stark verbreitet. Die Nationalbanken überlegen deshalb, vermehrt digitale Konten einzuführen, um wieder mehr Einfluss auf die Geldentwicklung zu haben. Die Schwedische Reichsbank hat ein Projekt für eine E-Krone lanciert. Ähnliche Überlegungen gibt es in Norwegen oder bei der Bank of England. Einen guten ökonomischen Überblick gibt dieses Paper (Bordo/Levin, 2017).
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