Steuervorlage: Erstmals seit Mitte der 1970er-Jahre mehr AHV-Lohnbeiträge und Bundessteuern für Aktionäre und Firmen - missbräuchliche kantonale Steuersenkungen müssen aber bekämpft werden
Die Steuervorlage 17 ist ein wesentlicher Fortschritt gegenüber der heutigen Situation, aber auch gegenüber der in der Volksabstimmung versenkten Unternehmenssteuerreform III (s. das Hintergrunddokument des SGB). Sie ist die erste Steuerreform seit Mitte der 1970er-Jahren, bei der die Aktionäre und die Firmen auf Bundesebene mehr Steuern zahlen. Und bei der die Firmen sich finanziell stärker an der AHV beteiligen müssen. Mit der Erhöhung der Lohnprozente und des Bundesanteils für die AHV wird der soziale und solide Finanzierungsmechanismus der AHV erstmals seit 1975 wieder gestärkt. Das haben die Gewerkschaften schon lange gefordert.
Positiv ist insbesondere:
- dass die heutigen Steuerprivilegien für multinationale Unternehmen gestrichen werden. Heute erhalten rund 50 Prozent der Firmengewinne in den Kantonen einen enormen Steuerrabatt (von bis zu 90 Prozent). Basel-Stadt, Genf, Waadt und Zug haben besonders viele Privilegien gewährt.
- dass die AHV 2 Mrd. Fr. zusätzliche Beiträge über 0.3 Lohnprozente und 800 Mio. Fr. aus der Bundeskasse erhält. Davon zahlen die Firmen 600 Mio. Fr. (0.15 Lohnprozente). Die Abbaupläne des Bundesrates bei der AHV sind faktisch vom Tisch, da die AHV-Finanzen bis Mitte der 2020er-Jahre stabilisiert sind. Es gibt mehr Spielraum für Offensivprojekte!
- dass die Aktionäre und ein Teil der Firmen beim Bund mehr Steuern zahlen müssen. Schätzungsweise rund 200 Mio. Fr. pro Jahr, weil u.a. die schlimmsten Steuersenkungen aus der USR II korrigiert werden.
- dass die in der USR III vorgesehenen Steuersenkungen für Firmen auf Bundesebene gestrichen wurden. Diese hätten rund 220 Mio. Fr. jährlich gekostet.
Die geplanten generellen Gewinnsteuersenkungen in den Kantonen sind hingegen total unverhältnismässig. So die Steuersenkung in Bern, die im November zur Abstimmung kommt. Oder die Senkung in Baselstadt auf das Zuger Niveau von 13 Prozent. Sie sind aber nicht Teil der Steuervorlage. Sondern sie werden ausschliesslich auf kantonaler Ebene beschlossen. Und müssen auch dort bekämpft werden. Die vorgesehenen rund 1.1 Mrd. Fr. Bundesgeld, die aus der Erhöhung des Kantonsanteils an Kantone und Gemeinden fliessen, dürfen nicht für Gewinnsteuersenkungen verwendet werden, sondern müssen der Bevölkerung zugutekommen. Beispielsweise über höhere Prämienverbilligungen. Dies kann nur auf kantonaler Ebene durchgesetzt werden.
Ein Nein zur Steuervorlage würde das Steuerdumping und den Steuersenkungswettlauf anheizen – national und international. Denn die Kantone würden die Steuerprivilegien, die die Schweiz aufgeben muss, durch allgemeine Senkungen des Gewinnsteuersatzes und neu kreierte Privilegien auszugleichen versuchen. Die Bestrebungen, die kantonalen Steuern über das Steuerharmonsierungsgesetz würden unterlaufen. Die Gewinnsteuern bei Bund und Kantonen dürften deutlich stark sinken. Und das Geld für die AHV wäre verloren. Der Druck auf die AHV-Leistungen würde steigen – sei es über geforderte Rentenaltererhöhungen oder über Angriffe auf den Mischindex.
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