Basler Studie: Höhere Mindestlöhne = mehr Arbeitslosigkeit. Daten aus der Studie belegen das nicht
In den Sommerferien haben der Basler
Professor für Aussenwirtschaft und Europäische Integration Rolf Weder und seine
Assistentin Simone Wyss mit einem NZZ-Artikel für einige Verwirrung gesorgt.
Eine Erhöhung der Mindestlöhne für Personen mit geringerer beruflicher
Qualifikation sei nicht nur unnötig, sondern sogar kontraproduktiv (Link).
Während die Löhne der Personen mit tieferer Qualifikation von 1997 bis 2005 im
Gleichschritt mit den Löhne von höherqualifizierten Arbeitskräften gestiegen
sei, hätte die Arbeitslosigkeit bei geringer Qualifizierten stärker zugenommen
als bei Hochqualifizierten. Eine Erhöhung der Mindestlöhne würde zu noch mehr
Arbeitslosigkeit bei den Personen mit tieferer Qualifikation führen.
Der NZZ-Artikel basiert auf einer
deskriptiven Studie von Simone Wyss (Link).
Die Schlussfolgerung, dass aufgrund einer Erhöhung der Mindestlöhne die
Arbeitslosigkeit der weniger Qualifizierten steigen sollte, lässt sich mit
diesem Papier nicht belegen. Im Gegenteil zeigt es, dass die Entwicklung der
Arbeitslosigkeit von weniger Qualifizierten unabhängig ist von der Höhe ihres
Lohnes im Vergleich zu den übrigen Löhnen. Stellt man die Lohnentwicklung in
den verschiedenen Ländern der Entwicklung der Arbeitslosigkeit (Daten in Grafik
5, S. 11 dargestellt) gegenüber, so zeigt sich kein systematischer Zusammenhang
(Korrelation nur rund 0.1, Grafik: Lohne_AL_Wyss (1).pdf). Man kann die Mindestlöhne erhöhen,
ohne mehr Arbeitslosigkeit zu verursachen.
Warum sind aber die weniger Qualifizierten
in der Schweiz heute deutlich stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als Anfang
der 1990er Jahre? Dafür gibt es verschiedene Erklärungen.
a) Eine aufgrund der langen
Stagnation der 1990er Jahre generell erhöhte Arbeitslosigkeit. Davon sind
Personen mit geringerer Qualifikation stärker betroffen, da sie oft weniger
betriebsspezifisches Wissen verfügen als Hochqualifizierte und sie somit im
Abschwung als erste entlassen und im Aufschwung als letzte eingestellt werden.
b) Die zunehmende Verbreitung der
Informations- und Kommunikationstechnologie, die insb. zu Rationalisierungen im
Dienstleistungsbereich geführt hat.
c) Eine verstärkte Immigration von
wenig qualifizierten Arbeitskräften und Asylsuchenden ab der zweiten Hälfte der
1980er Jahre.
Bemerkenswert am Papier von Wyss ist der
Beleg, dass der Lohnunterschied zwischen tiefen und hohen Qualifikationen in
der Schweiz im internationalen Vergleich immer noch beachtlich ist (S. 10). Trotz
der erfolgreichen Mindestlohnkampagne „keine Löhne unter 3000 Fr.“ befindet
sich die Schweiz nur im internationalen Mittelfeld. Ohne die Kampagne hätte
sich die Lohnschere stark geöffnet.