Nun kommt auch die OECD drauf: GAV sind gut für die Löhne und die Beschäftigung
Wie wichtig gute Gesamtarbeitsverträge sind, muss man einer Gewerkschafterin oder einem Gewerkschafter nicht erklären. Doch dass nun die OECD in einem Bericht zu einem durchwegs positiven Befund kommt, ist doch relativ neu (S. 64ff.).
In der ökonomischen Forschung wurden in den letzten Jahren zahlreiche empirische Studien veröffentlicht, welche auf die Bedeutung von GAV und Gewerkschaften für gute Löhne und stabile Arbeitsverhältnisse hinwiesen (s. frühere Blog-Beiträge). Nun hat auch die OECD in einem Ländervergleich die Auswirkungen von Gesamtarbeitsverträgen untersucht. Neu ist für die OECD vor allem, dass die GAV einen positiven Beschäftigungseffekt haben. Wenn es GAV gibt, ist die Erwerbsquote tendenziell höher und die Arbeitslosenquote tiefer. Das kann dadurch erklärt werden, dass GAV einerseits Aus- und Weiterbildungsmassnahmen enthalten. Andererseits verhindern sie Lohndruck auf Kosten der Arbeitnehmenden, was die Erwerbsbeteiligung erhöht (bei relativ marktmächtigen Arbeitgebern). Die bisherigen Erkenntnisse der OECD, dass die GAV für eine ausgeglichenere Lohnentwicklung sorgen, wurden durch die neue Studie bestätigt.
Bundesrat Schneider-Ammann und seinen Leuten im Generalsekretariat und im Seco hinken dieser Entwicklung hinterher. Erst jüngst haben sie sich geweigert, einen tiefen Mindestlohn von 3600 Fr. im Tankstellenshop-GAV allgemeinverbindlich zu erklären. Der Mindestlohn sei zu hoch! Obwohl jeder weiss, dass die Dumpinggefahr im Tessin erhöht ist. Und obwohl die Mieten im Tessin ungefähr auf Ostschweizer Niveau sind. Gewerkschafter, Arbeitgeber und die Tessiner Regierung haben beim Bundesrat entsprechend protestiert.
Die Schweiz hat heute eine GAV-Abdeckung von knapp 50 Prozent, was im internationalen Vergleich nicht viel ist. Ein Grund sind die hohen gesetzlichen Hürden bei der Allgemeinverbindlich-Erklärung und die restriktive Anwendung. Diese Grundlagen stammen aus dem Jahr 1956! Es ist höchste Zeit, dass sie modernisiert werden.