Denkfehler in Avenirsuisse-Buch zum "Mittelstand"? Zum Glück gibt es Beiträge für Horte und Kinderkrippen
Im neusten Buch zur Mittelschicht (« Mittelstand ») plädiert Avenirsuisse für einen Abbau der einkommensabhängigen Tarife bei den Horten und Kinderkrippen. Diese würden eine Erwerbstätigkeit bzw. die Erhöhung der Erwerbstätigkeit für Mittelschichtshaushalte unattraktiv machen, weil die Haushalte weniger von den Tarifvergünstigungen profitieren, je mehr Einkommen sie hätten. Doch wenn ich es recht verstanden habe, liegt hier ein Denkfehler vor.
Ein ganzer Tag in einer Kinderkrippe in der Stadt Zürich kostet pro Kind rund 100 Fr. (Vollkosten bzw. ohne Subvention). Das wäre daher der Tarif für alle, wenn es keine Subventionen gäbe bzw. wenn die Tarife nicht einkommensabhängig wären.
Ein Paar mit zwei Kindern, das seine Kinder einen Tag pro Woche in einem Hort unterbringt, würde dann pro Jahr rund 10‘000 Fr. für die Krippe bezahlen. Das ist viel Geld. Der mittlere Bruttolohn einer Frau im Alter von 20 bis 29 Jahre beträgt beispielsweise rund 55‘000 Fr., wenn sie Vollzeit arbeiten würde. Auf eine 20 Prozent-Stelle macht das rund 11‘000 Fr. Lohn. Nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge und Steuern blieben vielleicht noch rund 9‘000 Fr. Nettolohn. Das wäre weniger als die Kosten für die Kinderbetreuung. Gäbe es keine Subventionen müsste somit mindestens die Hälfte der jungen Frauen sogar Geld drauflegen, damit sie arbeiten gehen könnten.
Zum Glück gibt es die Subventionen, kann man hier nur sagen. sonst würde sich die Erwerbsarbeit für sehr viele junge Frauen gar nicht lohnen. Avenirsuisse stört, dass die höheren Einkommen weniger öffentliche Unterstützung erhalten, je mehr sie verdienen. Das dürfte stimmen. Dennoch bleibt bei diesen Haushalten am Schluss unter dem Strich Geld übrig. Wenn man noch bedenkt, dass ein Paar vielleicht 15 Jahre der 45 Jahre Erwerbsarbeit Kinder zu versorgen hat, so relativiert sich das Problem noch etwas weiter. Denn wer während der Kinderphase erwerbstätig war, hat über das ganze Leben gesehen einen höheren Lohn (Berufserfahrung u.a.).
Wenn man sich - wie Avenirsuisse - daran stört, dass die Subventionen mit steigendem Einkommen sinken, müsste man die Kinderbetreuung kostenlos und für alle zugänglich machen. Wie das bei der Schule bereits der Fall ist. Darüber wäre auch nachzudenken. Vielleicht wird sich die Schweiz in Zukunft so organisieren. Die Argumentation von Avenirsuisse ist jedenfalls nicht zukunftsgerichtet.