AHV-Renten hinken der Einkommensentwicklung hinterher
Heute hat der Bundesrat beschlossen, die AHV-Renten auf 2015 an die Lohn- und Teuerungsentwicklung um 5 Fr. (Minmalrente) bzw. 10 Fr. (Maximalrente) anzupassen. Das Gesetz sieht vor, dass der Bundesrat in Zeiten relativ normaler Teuerung diese Anpassung alle zwei Jahre vornehmen muss. Wer eine AHV-Rente hat, erhält daher nicht nur einen Teuerungsausgleich, sondern sogar noch mehr Kaufkraft. Das zeigt: Die AHV ist grundsätzlich eine leistungsfähige Altersvorsorge.
Allerdings werden die AHV-Renten nicht voll an die Löhne angepasst, sondern sie steigen nur halb so stark wie Löhne. Dazu kommt, dass die Lohnstatistik (BFS-Lohnindex, Definition S. 3), die für die Anpassung der AHV-Renten an die Löhne gebraucht wird, die durchschnittliche Lohnentwicklung in der Schweizer Wirtschaft unterschätzt. Dieser Lohnindex weist aus, wie stark der Lohn einer Person steigt, die immer im gleichen Beruf und in der gleichen Branche arbeitet. In der Schweizer Wirtschaft gibt es aber viele Wechsel. Es gibt neue Branchen und Berufe, die höhere Löhne zahlen können, während Arbeitsplätze in weniger produktiven Branchen verschwinden. Beispielsweise arbeiten heute weniger als 4 Prozent der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft. Vor hundert Jahren waren es noch rund 30 Prozent. Im Durchschnitt steigen die Schweizer Löhne deshalb stärker als der Lohnindex.
Weil die AHV-Renten nur teilweise an die Lohnentwicklung angepasst werden, geht zwischen den Renten und den Löhnen eine Schere auf. Das nennt sich auch kalte Degression. Seit dem Jahr 1980 wurde die AHV-Minimalrente von 550 auf 1170 Fr. erhöht (+113 Prozent). Der Durchschnittlohn hingegen ist im selben Zeitraum um rund 150 Prozent gestiegen. Das mag zwar gut sein für die Finanzen der AHV. Doch für die AHV-RentnerInnen, vor allem für die AHV-RentnerInnen von Morgen, ist das schlecht. Ihre AHV-Rente geht im Vergleich zum Lohn vor Eintritt ins Rentenalter zurück - auch wenn die Durchschnittsrenten etwas stärker steigen als die Minimalrenten. Das Ziel der Schweizer Altersvorsorge, die Weiterführung der gewohnten Lebensweise im Alter, wird immer weniger erreicht.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund hat deshalb die Initiative AHVplus lanciert. Mit einer Erhöhung der AHV-Renten soll dieser Rentenrückstand korrigiert werden. Mit einer Erhöhung der Renten um 10 Prozent wäre ein beträchtlicher Teil des aufgelaufenen Rückstandes aufgeholt.