Bank of England: Weniger Shareholder-value - weniger Krisen und gerechtere Einkommensverteilung
Zentralbanken kümmern sich in der Regel nicht um Fragen der Einkommensverteilung. Eine Ausnahme ist ein neu erschienener Artikel von Andrew Haldane, Leiter der Abteilung Finanzstabilität der Bank of England und interessanter Querdenker.
Seiner Meinung nach sollten die Zentralbanken ein Auge die Verteilungsfragen haben, weil sich Krisen in der Geschichte oft auf Einkommensscheren folgten. Ungleichheiten gingen mit höherer Verschuldung bzw. aufgeblähten Bilanzen einher und können damit die Finanzstabilität gefährden. Umgekehrt können Massnahmen, welche zu einer ausgeglicheneren Verteilung führen würden, auf gesamtwirtschaftlicher Ebene höhere Einkommen bzw. Wirtschaftswachstum nach sich ziehen. Studien dazu gibt es verschiedene.
Kreativ ist Haldanes Überlegung, warum Ungleichverteilung und schwächeres Wirtschaftswachstum zusammenhängen. Er stellt in den Firmen eine Verlagerung zu vermehrt kurzfristigem Denken und Führen fest. Namentlich in kotierten Aktiengesellschaften mit kurzfristig denkenden Aktionären und ihren Helfern, den bonusgetriebenen Managern. Dieses Kurzfristdenken sei der Feind der längerfristigen Investitionen, insbesondere in die Aus- und Weiterbildung des Personals. Doch dessen Know-how mache den künftigen wirtschaftlichen Erfolg und somit das gesamtwirtschaftliche Einkommenswachstum aus. Die bessere Ausbildung sichere aber auch dem einzelnen Angestellten einen besseren Lohn: „If impatient (money-scarce) individuals are failing to invest sufficiently in skills, and impatient (short-termist) companies are failing to invest sufficiently in capital, this is a recipe for weak (human and physical) capital accumulation. This will show up in weak long – term investment and skills deficits. The most likely casualties from this are productivity and growth.“ Die Minder-Initiative würde nach Haldane somit wohl zu mehr Ungleichheit führen.
Der Lösungsansatz gegen Einkommensungleichheit und Unterinvestition ist gemäss Haldane in Massnahmen zu suchen, welche die übrigen Stakeholder in den Firmen stärken. Gemeint sind wohl vor allem die Angestellten. Eine empirische Prüfung der These steht noch aus. Doch international gibt es zahlreiche Untersuchungen, die zeigen, dass eine stärkere, gut organisierte Arbeitnehmervertretung und eine gute gewerkschaftliche Organisation zu einer ausgeglicheneren Einkommensverteilung führen.
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