Konjunkturszenarien aus neuen BFS-Statistiken zu Lohn und Beschäftigung
Heute hat das Bundesamt für Statistik Daten zur Beschäftigung im 4. Quartal 2009 und zu den Lohnabschlüssen für 2009 publiziert. Mit diesen Daten lässt sich ein grosser Teil der relativ robusten Entwicklung der Binnenwirtschaft im vergangenen Jahr erklären. Doch die Daten geben insbesondere Anlass zur Sorge, was das Wachstum im Inland im 2010 betrifft.
In den Lohnverhandlungen im Herbst 2008 konnte über alle GAV hinweg für 2009 eine Lohnerhöhung von 2.6 Prozent ausgehandelt werden (Link). Die Lohnerhöhungen erfolgten zu 72 Prozent generell. D.h. die Lohnerhöhungen wurden auf breiter Basis gewährt und nicht beschränkt auf einen Teil der Belegschaften. Durch die sinkenden Preise (Landesindex der Konsumentenpreise 2009: -0.5 Prozent) erhielten die Beschäftigten zusätzliche Kaufkraft. Real stiegen die Löhne somit um über 3 Prozent. Das war Kaufkraft, die die Konjunktur im Inland stabilisierte. Die Beschäftigung im Detailhandel und im Bereich der persönlichen Dienstleistungen hätte ohne diese Kaufkraftstärkung kräftiger abgenommen, als dies der Fall war (Link).
Doch was 2009 half, wird 2010 nicht mehr wirksam sein. Die Lohnabschlüsse für 2010 dürften knapp 1 Prozent betragen. Gleichzeitig hat die Teuerung wegen dem höheren Ölpreis anzuziehen begonnen. Das heisst: Schwächere Kaufkraft und - weil das teurere Öl aus dem Ausland importiert wird - insbesondere weniger Kaufkraft im Inland. Dazu kommt, dass a) die Beschäftigung mittlerweile gesunken ist und im 4. Quartal 2009 rund ein halbes Prozent unter dem Höchstwert vom 3. Quartal 2008 liegt (saisonbereinigt) und b) die Krankenkassenprämien um ungefähr 2 Mrd. Fr. gestiegen sind, was die Kaufkraft nochmals um über 0.5 Prozent verringert.
Im Unterschied zu 2009, als die Binnenkonjunktur durch die Kaufkrafterhöhungen stabilisiert wurde, geht es 2010 in die Gegenrichtung. Die Kaufkraft sinkt, was insbesondere Detailhandel und andere Dienstleistungsbranchen, aber auch der Bau spüren werden. Und wenn dazu noch staatliche Sparmassnahmen ergriffen werden, wird das auch bei der Beschäftigung in den Branchen Verwaltung, Gesundheit und Unterricht zu Buche schlagen - in Branchen, in denen die Beschäftigung noch gestiegen ist und über 20 Prozent der Beschäftigen arbeiten.
Der SGB hat Anfang Januar einen Vorschlag für eine 50-Prozent-Steuer auf hohen Boni gemacht, deren Einnahmen an Haushalte mit tiefen und mittleren Einkommen ausgeschüttet werden soll. Die Einnahmen dürften über 2 Mrd. Fr. betragen und würden die sich abzeichnenden Kaufkraftprobleme entschärfen.