Derivate als Ursache der Finanzkrise - welche Lösung?
Eine Ursache für den Fast-Zusammenbruch des globalen Finanzsystems im Herbst 2008 waren gewisse Derivate wie die Credit default swaps. Seit 2001 ist das Volumen von so genannten Credit default swaps (CDS) von rund 1 Billion $ auf rund 60 Billionen regelrecht explodiert. CDS sind Derivate, mit denen sich Investoren dagegen absichern können, dass eine Firma zahlungsunfähig wird, also ihre Schuldzinsen nicht mehr bezahlen kann oder dass sie an Kreditwürdigkeit verliert. Die CDS sind Verträge zwischen Vertragspartnern. Sie werden in der Regel nicht an Börsen gehandelt, sondern sind so genannte OTC-Kontrakte (Over the counter). Es gibt daher niemand, der die Übersicht hätte, wer mit wem welche Verträge abgeschlossen hat, auch kein Regulator. Zu den bedeutendsten Vertragspartnern bzw. Emittenten von CDS gehörten die US-Investmentbanken. Mit dem Konkurs von Lehman Brothers im Herbst 2008 verschwand einer der zehn bedeutendsten Vertragspartnern aus dem Markt, was zu einer riesigen Verunsicherung führte, da unklar war, welche Auswirkungen das Verschwinden von Lehman auf den CDS-Markt hat.
Die US-Administration und die EU-Kommission schlagen nun vor, dass OTC-Derivate wie die CDS künftig einer Clearingstelle gemeldet werden müssen, damit Übersicht herrscht, welche Positionen es im Markt gibt. Die Frage ist allerdings, ob das das Problem lösen wird, oder ob zusätzlicher Regulierungsbedarf besteht. Durch die enorme Zunahme von Derivatkontrakten in den letzten Jahren ist mittlerweile ein Volumen im Markt, welches erhebliche Auswirkungen haben kann, selbst wenn mehr Transparenz über die konkreten Transaktionen besteht.
Die Forderung, Derivate ganz zu verbieten, ist illusorisch und auch nicht zielführend. Verschiedene Firmen der Exportwirtschaft sichern sich über Derivate gegen Wechselkursausschläge ab. Und Fluggesellschaften benötigen Derivate, um sich gegen Ölpreisschwankungen zu wappnen. Haben sie diese Möglichkeiten nicht, besteht die Gefahr, dass sie durch Ausschläge in diesen Märkten in Liquiditätsprobleme geraten.
Eine der sinnvollsten Lösungen wäre, dass nur noch Derivate zugelassen sind, die einem realwirtschaftlichen Bedürfnis entsprechen und nicht vorwiegend spekulativen Charakter haben. Doch wer soll das festlegen? Und wie?
Hier lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit der Finanzmarktregulierung in den USA. Bis 1999 waren zwar grundsätzlich alle Arten von Derivaten in den USA möglich - allerdings mit einer entscheidenden Einschränkung. Futures-Konktrakte, also Kontrakte, die eine künftige Lieferung einer Ware etc. beinhalteten, waren nur rechtlich durchsetzbar, wenn sie eine Ware (z.B. ein landwirtschaftliches Produkt) zum Gegenstand hatten oder der Vertragsgegenstand im öffentlichen Interesse ist (Link). Andere Verträge sind vor Gericht wertloses Papier. Diese Beschränkung hat die Ausbreitung von spekulativen Derivaten behindert. Auf Empfehlung von Greenspan u.a. wurde diese Beschränkung ab 2000 fallen gelassen, was die explosionsartige Zunahme von CDS begünstigt hat.
Alternativ zur Clearingstelle für Derivate ist daher das frühere US-Regime zu prüfen. Es hat den Vorteil, dass mit ihm relativ einfach zwischen realwirtschaftlich erwünschten und spekulativen Derivaten unterschieden werden kann. Mit ihm verbunden ist zwar eine gewisse Rechtsunsicherheit. Das dürfte aber nicht schlimm sein, weil diese die Derivateinvestoren eher zur Zurückhaltung mahnt.
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