Fünf mal mehr offene Stellen bei den RAV, wenn die Arbeitgeber Stellen melden müssen? Ein Ländervergleich
Die beste Massnahme zur Senkung der Arbeitslosigkeit ist eine aktive Geld- und Konjunkturpolitik. Nicht annähernd so wirksam, aber auch hilfreich ist es, wenn die Arbeitslosen wissen, wo es offene Stellen gibt, so dass sie sich bewerben können. Das hilft vor allem Bevölkerungsgruppen mit Nachteilen bei der Stellensuche, beispielsweise älteren Arbeitslosen.
Viele Länder in Europa wie Luxemburg, Belgien, Schweden u.a. schreiben deshalb den Firmen vor, dass sie die offenen Stellen den Arbeitsämtern melden müssen. In der Schweiz ist das nicht der Fall. Kein Wunder, ist die Zahl der bei den RAV gemeldeten offenen Stellen ausgesprochen bescheiden. Würden die Schweizer Firmen ihre Stellen wie in Luxemburg oder Belgien melden, könnten die RAV den Arbeitslosen nicht wie heute 10'000, sondern vermutlich rund 50'000 Stellen anbieten. Diese Schätzung lässt sich anhand eines einfachen Ländervergleichs machen.
Gemäss Seco-Statistik sind bei den RAV monatlich rund 10‘000 Stellen gemeldet. Bei insgesamt rund 5 Millionen Arbeitsplätzen entspricht das tiefen 0.2 Prozent. Die tatsächliche Zahl der offenen Stellen ist wesentlich höher. Eine Umfrage des BFS bei den Firmen fördert rund 50‘000 offene Stellen zutage (BESTA). Doch auch diese Statistik dürfte die effektive Zahl offener Stellen stark unterschätzen. Ein etwas in die Jahre gekommener Methodenbericht des BFS zur Erhebung der offenen Stellen aus dem Jahr 2000 beklagt sich, dass viele Firmen im Rahmen der Erhebung keine offenen Stellen deklarieren würden, was unplausibel sei. Eine „Korrektur“ dieser Meldungen führt dazu, dass die Zahl der offenen Stellen um den Faktor 3 bis 9 höher ausfallen dürfte. Das ist angesichts der Statistik zu den Stellenwechseln in der Schweiz nachvollziehbar. Die Bruttorotationsquote – Anzahl Stellenwechsel und Arbeitsmarktaustritte in Relation zu den Erwerbstätigen – liegt bei über 15 Prozent. Das entspricht grob geschätzt 750‘000 Stellenwechseln bzw. Arbeitsmarktaustritten. Ein beträchtlicher Teil dieser Stellen wird wieder neu besetzt werden. So geschätzt dürfte es in der Schweiz mehrere Hunderttausend offene Stellen geben. Diese Stellen werden zwar zu einem grossen Teil rasch firmenintern besetzt, ohne dass Vakanzen entstehen. Doch selbst wenn man dieser Tatsache Rechnung trägt, sind die den RAV gemeldeten 10‘000 Stellen verschwindend klein. Bei einem besseren Meldeverhalten der Firmen würde diese Zahl rasch in die Höhe schnellen. Die Arbeitslosen würden das sehr begrüssen.
In Ländern mit Meldepflicht ist das Verhältnis der gemeldeten offenen Stellen zur Gesamtbeschäftigung denn auch weit besser. In Luxemburg wurden den Arbeitsämtern rund 5000 Stellen gemeldet – bei einer Gesamtbeschäftigung von rund 400‘000 Stellen. In Belgien sind knapp 100‘000 offene Stellen statistisch erfasst, bei einer Beschäftigung von rund 4.5 Mio. Im Landesteil Wallonien sind bei den Arbeitsämtern etwas über 10‘000 Stellen gemeldet - bei einer Beschäftigung von rund 1.2 Mio.
Genauer zu untersuchen wäre noch, welche Rolle die hohe Arbeitslosenquote von über 8 Prozent spielt. Grundsätzlich sollte diese die Folge einer zu geringen Arbeitsnachfrage und somit von zu wenig offenen Stellen sein. Allerdings hat Belgien relativ viele Langzeitarbeitslose, was auch auf strukturelle Probleme hinweisen kann.