Industriepolitik - mit einer über Lohnbeiträge finanzierten Erhöhung der AHV-Renten
Der Arbeitskräftemangel in der MEM-Industrie nähert sich langsam aber sicher bereits dem Niveau vor der Finanzkrise. Die höhere Produktion alleine kann das nicht erklären. Dafür ist sie noch nicht hoch genug. Ein weiterer Faktor dürfte die ungenügende Lohnsituation sein. Bereits vor Ausbruch der Finanzkrise war klar: Die MEM-Industrie müsste die Löhne spürbar erhöhen, um die erforderlichen Fachkräfte für ihre technologisch anspruchsvollen Tätigkeiten zu finden.
Die Finanzkrise und die Frankenüberbewertung machten der Branchen einen Strich durch die Rechnung. Anstatt dass der Lohnrückstand aufgeholt werden konnte, wurde er tendenziell noch grösser.
In der Krise haben viele Firmen weniger Leute eingestellt. Die Belegschaft wurde tendenziell älter. Mit der schwierigeren Situation in der 2. Säule spitzt sich die Situation zu. Es gibt zwar keine Zahlen, aber: Die Pensionskassen dürften für die Betriebe der Maschinenindustrie teurer geworden sein. Und sie werden wohl noch teurer werden. In zahlreichen Betrieben wird das den Spielraum für deutliche Lohnerhöhungen einschränken.
In einer schrumpfenden Branche steigt die Zahl der Rentner im Vergleich zu den Aktiven in den Pensionskassen. Gleichzeitig dürften zahlreiche Firmen Geld brauchen, um Rentengarantien zu finanzieren, wenn der technische Zins in der Pensionskasse gesenkt wird. Die Firmen werden auch mehr Geld in die Pensionskasse stecken müssen, um bei einer Senkung des Umwandlungssatzes gewisse Leistungsgarantien zu gewähren.
Man müsste Zahlen haben, um es zu rechnen: Aber höchstwahrscheinlich wäre eine über Lohnbeiträge finanzierte Erhöhung der AHV-Renten für die MEM-Branche eine wirtschaftliche Entlastung. Denn die AHV-Beiträge werden auf alle Löhne bezahlt. Auch auf den hohen Boni der jungen Rohstoff- und Devisenhändler usw. Die Banken und die Rohstoffhandelsfirmen („Grosshandel“) alleine zahlen gemäss BFS-Statistiken rund 5.5 Mrd. Fr. Bonus pro Jahr. Mit einer Erhöhung der AHV-Renten gäbe es zwangsläufig eine Umverteilung von Firmen mit sehr hoch bezahlten, jüngeren MitarbeiterInnen zu Branchen mit älteren Belegschaften und tieferen bzw. mittleren Löhnen.
So gesehen hätte eine Erhöhung der AHV auch ein industriepolitisches Potenzial. Denn wenn ein grösserer Teil der Renten über Hochlohnberufe wie die Wertpapier- und Rohstoffhändler finanziert wird, bleibt mehr Spielraum für die überfälligen Lohnerhöhungen bei den Belegschaften der MEM-Industrie.