Positive Steuervorlage des Bundes - generelle Steuersenkungen in den Kantonen sind jedoch falsch und schädlich
Die neue Steuervorlage ist ein wesentlicher Fortschritt gegenüber der in der Volksabstimmung versenkten Unternehmenssteuerreform III. Dennoch ist das Misstrauen bei vielen Leuten gross. Das ist angesichts der komplexen Materie nachvollziehbar. Doch ein Nein zur Steuervorlage würde das Steuerdumping und den Steuersenkungswettlauf anheizen – international und national. Und die sozialpolitischen Fortschritte bei der AHV wären verloren.
Ein Teil der Steuervorlage könnte aus einem gewerkschaftlichen Forderungskatalog abgeschrieben sein:
- Die Kantone dürfen internationalen Firmen nicht mehr einfach so Steuerrabatte von bis zu 90 Prozent geben. Die heutigen „Steuerstatus“ werden im Steuerharmonisierungsgesetz gestrichen.
- Die Aktionäre zahlen beim Bund künftig mehr Steuern auf ihren Dividenden. Die Steuerrabatte aus der Unternehmenssteuerreform II werden reduziert.
- Die AHV erhält rund 2 Mrd. Fr. zusätzliche Einnahmen. Davon profitieren die unteren und mittleren Einkommen. Und der Druck auf das Frauenrentenalter wird reduziert. Dadurch wird auch verhindert, dass die Überschüsse beim Bund für Steuersenkungen für Banken oder hohe Einkommen verwendet werden
Die neue Steuervorlage unterscheidet sich daher klar von der abgelehnten Unternehmenssteuerreform III. Denn diese wollte die Unternehmenssteuern beim Bund senken. Und die tiefen und mittleren Einkommen wären leer ausgegangen.
Dennoch gibt es Misstrauen gegen diese Reform. Nicht nur, weil sie sehr komplex ist. Sondern weil sie auch von gewissen Kantonen zum Vorwand genommen wird, völlig unnötige kantonale Steuersenkungsvorhaben durchzudrücken. Doch diese Steuersenkungen sind nicht Teil der Steuervorlage beim Bund sind. Sie müssen in den Kantonen bekämpft werden. Schlimmer noch: Ein Nein zur Steuervorlage dürfte den Steuersenkungswettlauf unter den Kantonen noch anheizen.
Denn ein Teil der Kantone wie beispielsweise Genf, Waadt, Baselstadt oder Zug haben mit beiden Händen Steuergeschenke verteilt. 60 bis 80 Prozent der Gewinne erhielten einen grossen Rabatt. Auch an internationale Firmen, die beim Standortentscheid stark auf die Steuern schauen. Die Nervosität in diesen Kantonen ist deshalb gross, dass Firmen abwandern, wenn die Privilegien wegfallen. Nervös ist die Lage auch beim Bund. Denn die privilegierten Firmen zahlen auf Bundesebene ganz normal Steuern. Insgesamt rund 4 Mrd. Fr.
Die Steuervorlage enthält daher Übergangsmassnahmen, damit die Kantone Zeit haben, sich an die neue Situation anzupassen. Und sie enthält neue, international akzeptierte Steuerprivilegien wie die Patentbox. Doch davon profitieren künftig nur noch rund 15 Prozent und nicht 50 Prozent der Firmen wie heute. Die neuen Privilegien werden wohl nach wenigen Jahren aufgrund der internationalen Entwicklungen wieder angepasst werden müssen. Was neue dann politische Chancen eröffnet.
Zürich hat deshalb den ursprünglichen Plan aufgegeben, die kantonalen Steuern zu halbieren. Das wird den Steuersenkungswettlauf in der Deutschschweiz bremsen. Dennoch halten Kantone wie Bern, Thurgau oder Solothurn an völlig unnötigen Gewinnsteuersenkungen fest. Diese müssen vor Ort bekämpft werden. Das erste Referendum im laufenden Jahr gegen die Gewinnsteuersenkung im Kanton Bern wird Signalcharakter haben.
Ohne die neue Steuervorlage dürfte der Druck auf die Gewinnsteuern stark steigen. Denn die Schweiz wird die heutigen Steuerprivilegien nicht aufrechterhalten können. Wenn der Bund aber keine Übergangsmassnahmen vorsieht, wird jeder Kanton für sich selber schauen. Die Erfolge bei der Steuerharmonisierung in der Schweiz stehen deshalb auf dem Spiel. Denn die Kantone werden nicht nur versuchen, die Steuersätze stark zu senken, sondern im Widerspruch zur Steuerharmonisierung auch eigene Steuerprivilegien einzuführen Wie das gewisse neoliberale Ultraföderalisten schon länger fordern. Damit kämen die Steuern in allen Kantonen ins Rutschen.
Zusätzlich werden Bürgerliche Parlamentarier und Kantone Druck machen, dass die Bundessteuern sinken. Es droht die Gefahr, dass die Überschüsse beim Bund, die gemäss Steuervorlage in die AHV gehen, für Steuersenkungen für hohen Einkommen und Firmen verwendet werden.
Eine kritische Analyse der Steuervorlage zeigt, dass diese verteilungs- und steuerpolitische Fortschritte mit sich bringt. Ein Nein dürfte den Steuersenkungswettlauf hingegen weiter anheizen. Es drohen Steuerausfälle und negative Verteilungswirkungen. Die kantonalen Steuersenkungsprojekten wie in Bern in diesem Herbst müssen hingegen bekämpft werden.
- 0 Kommentare Kommentar(e)
Mein Kommentar
Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.