Künstlich überhöhte Pharmaexporte aus Konzernfinanzierungsüberlegungen
Im vergangenen Jahr exportierte die Schweiz für rund 37.5 Mrd. Fr. mehr Waren ins Ausland als sie importierte (ohne Gold, Edelsteine u.a.). Wer nur diese Zahlen anschaut, käme kaum auf die Idee, dass die Schweizer Exportwirtschaft stark unter dem überbewerteten Franken leidet.
Doch diese Entwicklung geht fast ausschliesslich auf die Pharma zurück. Die Exporte von Medikamenten und anderen Pharmaprodukten haben sich zwischen 2000 und 2016 von rund 14 auf 66 Mrd. Fr. mehr als vervierfacht. Auf der anderen Seite hat die Maschinenindustrie einen markanten Rückgang hinnehmen müssen. Sie verkauft heute sogar weniger Maschinen ins Ausland als noch im Jahr 2000. Zuerst die Finanzkrise im Jahr 2008 und dann die starke Frankenaufwertung ab dem Jahr 2010 haben der Branche stark zu schaffen gemacht. Obwohl auch sie innovative, qualitativ hochstehende Produkte herstellt. Hat die Pharma so eine starke Marktstellung, dass für sie die Frankenüberbewertung kaum eine Rolle spielt?
Ein etwas detaillierter Blick in die Struktur der Schweizer Wirtschaft zeigt, dass die Frage so falsch gestellt ist. Gemäss Brancheninformationen belaufen sich die Pharmaexporte von Novartis und Roche alleine auf rund 50 Mrd. Fr. Diese Wirkstoffe und Medikamente werden zu einem grossen Teil in Stein (AG) und in Basel/Kaiseraugst hergestellt.
Geliefert werden sie aber weniger an Kunden, sondern vielmehr als Konzerntöchter im Ausland. Gemäss dem Branchenverband Scienceindustries machen diese konzerninternen Lieferungen rund drei Viertel aller Exporte aus. Die Schweizer Mutter stellt diese Lieferungen den ausländischen Töchtern in Rechnung. Über diese Rechnungen wird viel Geld in die Schweizer Konzern- und Forschungszentralen transferiert. Die Pharmabranche gibt in der Schweiz jährlich rund 5.5 Mrd. Fr. für Forschung und Entwicklung aus. Diese Ausgaben müssen finanziert werden. Gemäss Scienceindustries ist es schwierig, diese Mittel im benötigten Masse über Lizenzabgaben aus dem Ausland in die Schweiz zu verschieben. „Die wichtigste Finanzierungsart ist und bleibt der Warenexport aus der Schweiz.“
Die Pharma-Produktion in der Schweiz erfüllt daher eine wichtige Aufgabe bei der Finanzierung der Forschungsaktivität in den Konzernzentralen. Weiter dürften gewisse steuerliche Überlegungen relevant sein. Für die Pharma wird es sich aufgrund der tiefen Steuerbelastung in der Schweiz lohnen, einen nennenswerten Teil ihrer Erträge in Form von Transferpreisen in die Schweiz zu holen. Klassische betriebswirtschaftliche Kostenüberlegungen bei der Produktion – und somit auch die Frankenüberbewertung - dürften hingegen eine untergeordnete Rolle spielen.
- 0 Kommentare Kommentar(e)
Mein Kommentar
Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.