Abzockerinitiative - besorgniserregende Befunde aus Studien aus dem Ausland
Unter dem Gesichtspunkt des Politmarketings ist die "Abzocker"-Initiative von Thomas Minder sehr gut aufgestellt. Doch wie schaut es in Bezug auf das Erreichen ihrer Ziele aus? Hier ein kurzer Blick in die Forschung. Wird die Minder-Initiative über eine Stärkung der Aktionärsrechte die Managergehälter begrenzen können? Oder stärkt sie vor allem aggressive Investoren (z.B. Hedge funds), die der längerfristigen, stabilen Entwicklung der Firmen schaden?
Die Minder-Initiative verlangt eine jährliche Abstimmung über die Lohnsumme von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Die Offenlegung einzelner Gehälter ist nicht vorgesehen. Aktionäre werden das Risiko scheuen, die Gehälter des Managements zu begrenzen oder zu kürzen, wenn andere Firmen mindestens gleich viel zahlen. Sie haben Angst, dass die guten Leute die Firma verlassen. Die Abstimmung über die Gesamtlohnsumme erlaubt es zudem nicht, zwischen den Gehältern der einzelnen Mitglieder zu unterscheiden. Effektiv wirksam ist daher nur eine Begrenzung über alle Firmen hinweg - entweder über ein gesetzlich festgelegtes Verhältnis zwischen oberstem und unterstem Lohn in einer Firma, oder über eine höhere Besteuerung von Spitzensalären (z.B. Löhne über 1 Mio. Fr. gewinnsteuerpflichtig). Empirisch ist der Fall Grossbritanniens interessant, welches im Jahr 2002 die Rechte der Aktionäre in Bezug auf die Mitbestimmung bei den Chef-Gehältern gestärkt hat. Fazit: Die Managersaläre in Grossbritannien sind nicht weniger stark gestiegen als in anderen Ländern. Eine Studie stellt fest, dass die Topgehälter ev. etwas stärker auf sinkende Kapitalrenditen reagieren (Link). Die Bindung der Gehälter an die Kapitalrendite hat somit leicht zugenommen, was nach den Erfahrungen aus der Bankenkrise kein beruhigendes Zeichen ist. Ein Management, welches sich insbesondere stark an der Eigenkapitalrendite orientiert, hat die Neigung, hohe Risiken einzugehen.
Die Initiative erhöht den Handlungsspielraum für aktive, aggressive Investoren durch die jährliche Wahl des Verwaltungsrates und das Verbot des Organ- und Depotstimmrechtes. Die Zahl der abstimmenden Aktionäre dürfte sinken, selbst wenn unabhängige Stimmrechtsvertreter zugelassen sind. Bedeutend ist insbesondere das Organstimmrecht (ca. 23% aller Stimmen an GV, Link). Eine Studie aus Deutschland führt den grösseren Einfluss von Hedge funds auf die Firmen bzw. die bedeutender Rolle von Hedge funds u.a. auf Erleichterungen im Aktienrecht zurück (Link). Das deutsche System sei damit näher als investoren- und kapitalmarktorientierte angelsächsische System gerückt. Was sind die Wirkungen von verstärktem Einwirken von Hedge funds? Eine umfangreiche Untersuchung für die USA kommt zum Schluss, dass die Hegde funds tendenziell zu einer grösseren Verschuldung der Firmen führen, indem sie z.B. Cash aus den Firmen als Dividenden abführen (Link). Hedge funds sind börsenorientiert und verfolgen kurzfristige Ziele, was allenfalls für andere kurzfristig orientierte Aktionäre attraktiv ist. Für die Beschäftigten oder langfristig orientierte Aktionäre dürften jedoch in vielen Fällen die Nachteile überwiegen.
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