Finanzen der Tiefsteuerkantone: Ratingagentur Standard&Poor's empfiehlt Steuererhöhungen
Ein Gastblog von Anna Tanner, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim SGB.
In den laufenden Diskussionen werden verschiedene Gründe für die sich in manchen Kantonen abzeichnenden finanziellen Schwierigkeiten genannt. Neben den oft erwähnten höheren Kosten in den Bereichen Gesundheit und Soziales sowie den unsicheren Gewinnausschüttungen der Nationalbank verweisen Politiker ressourcenstarker Kantone gerne auch auf Mängel beim Finanzausgleich zwischen Bund und Kantonen (NFA). In der letzten Zeit stehen aber auch die von den kleineren, eher ländlich geprägten Kantonen verfolgten Tiefsteuerstrategien zunehmend in der Kritik – und zwar nicht mehr nur in linken Kreisen. Nachfolgende Grafik zeigt die strukturellen Haushaltssaldi, also die um einmalige Sondereffekte, Investitions- und Konjunkturschwankungen korrigierte Differenz von Einnahmen und Ausgaben, in Prozent des kantonalen BIP für das Jahr 2013.
In fast allen Kantonen mit einem strukturellen Defizit ist die effektive Durchschnittssteuerbelastung für Unternehmen sehr niedrig (SZ, OW, NW, TG, AI, SH, SG, ZG, LU) und viele dieser Kantone besteuern ebenfalls Gutverdienende tief (SZ, OW, NW, AI, ZG, LU). Würden diese Kantone die vergangenen Steuersenkungen teilweise rückgängig machen (einige Kantone haben bereits damit begonnen), blieben sie im interkantonalen und internationalen Steuerwettbewerb weiterhin konkurrenzfähig. Folglich generierten diese Steuererhöhungen Mehreinnahmen und die strukturellen Defizite würden beseitigt – ohne einschneidende Leistungskürzungen.
Selbst die privatwirtschaftlich ausgerichtete Kredit-Ratingagentur Standard & Poor’s, welche die Bonität ausgewählter Kantone bewertet, hält einnahmeseitige Massnahmen für zentral zur Defizitdeckung. So erachtet Standard & Poor’s beispielsweise die vor kurzem beschlossene stärkere Besteuerung grosser Einkommen und Vermögen in SZ „as very important to stop the weakening trend of Schwyz's budgetary performance“. Zudem ist sie der Ansicht, dass SZ auch bei weiteren Steuererhöhungen attraktiv bleiben würde, und schätzt deshalb das Steuereinnahmepotenzial als sehr hoch ein. Auch in LU könnten ihrer Meinung nach die Steuererhöhungen wesentlich stärker ausfallen als die bereits eingeführten. Ferner lobt die Ratingagentur das Management des Kantons SG für die 2012 und 2013 gemachten Steuerfusserhöhungen. Steigende Steuereinnahmen hätten zur Defizitreduzierung beigetragen.
Ebenfalls ein nennenswertes strukturelles Defizit haben SO und BL. Sie liegen im interkantonalen Steuerwettbewerb um Firmen und Hochqualifizierte zwar im Mittelfeld, beide haben aber in der jüngeren Vergangenheit ihre Steuern gesenkt. SO hat die Einkommenssteuern für Millionäre und die Vermögenssteuern stark reduziert und BL senkte die Steuerbelastung für Unternehmen und Gutverdiener. Standard & Poor’s nennt vorgenommene Steuersenkungen explizit als Ursache für das strukturelle Defizit in SO und schätzt die Einnahmeflexibilität von BL wegen den Steuersenkungen der letzten Jahre als überdurchschnittlich ein.
Zwar sind die in einigen Kantonen bereits erfolgten oder zumindest eingeleiteten Steuererhöhungen noch sehr zaghaft, doch wenigsten ist dieses Thema für Bürgerliche nicht mehr per se tabu. Es ist allerhöchste Zeit, dass jeder Kanton die Auswirkungen seiner Tiefsteuerstrategie losgelöst von ideologischen Vorstellungen eingehend analysiert und gegebenenfalls seine Steuerstrategie ändert. Einfach darauf zu vertrauen, dass Steuersenkungen durch die Anlockung von Steuersubstrat automatisch zu Mehreinnahmen führen, ist naiv und verantwortungslos. Eine professionelle Finanzpolitik sieht anders aus und eine solche sind die Verantwortlichen uns – den Bürgerinnen und Bürger – schuldig.
- 1 Kommentare Kommentar(e)
Mein Kommentar
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28. Dezember 2015
Du sprichst dort von
Du sprichst dort von Quellensteuer. Es ist doch aber so, dass bei einer Frfchpensionierung (mein Ziel) die Rente nicht veesreurtt werden muss, oder?