Schwächere Wachstumsaussichten wegen Frankenüberbewertung - EZB-Forscher widerlegen Stahlbad-These der SNB
Die SNB hat bei der Begründung, warum sie sich geldpolitisch zurückhält, in letzter Zeit einen Zacken zugelegt. Das Direktoriumsmitglied Zurbrügg ging am 13. Januar 2016 sogar so weit, die Frankenüberbewertung als eine Art kräftigendes Stahlbad für die Schweizer Wirtschaft zu betrachten: Die Frankenüberbewertung dürfte zu höheren Invetitionen führen, wodurch die betroffenen Branchen im Laufe der Zeit "insgesamt produktiver werden".
Gegen diese These würden die momentan wohl spannendsten Forscher zum Thema Wettbewerbsfähigkeit, das Compnet, protestieren. Aufwertungen können mittel- und langfristigen Schaden anrichten. Das europäische Compnet, welches von der EZB zur Analyse der Eurokrise ins Leben gerufen wurde, untersucht die Frage der Wettbewerbsfähigkeit und der wirtschaftlichen Ungleichgewichte mittlerweile seit Jahren und kommt zu sehr differenzierten Resultaten, welche die wirtschaftspolitischen Doktrinen z.B. der mangelnden preislichen Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Krisenstaaten in Frage stellen. In diesem Blog wurde schon verschiedentlich auf die interessanten Untersuchungen hingewiesen.
Die Untersuchungen zeigen, dass die Firmen mit einer tieferen Produktivität stärker unter Aufwertungen leiden als die produktivsten. Das klingt zunächst banal – ist es aber nicht. Denn unter den so genannt weniger produktiven sind viele Firmen, die noch jung sind. Bei-spielsweise Startups. Sie sind auf ihren Märkten noch nicht voll etabliert. Sie entwickeln neue Produkte etc. und haben dementsprechend relativ hohe Lohnkosten. Und sie haben einen er-heblichen Finanzierungsbedarf um zu expandieren. Doch sie stellen in vielerlei Hinsicht die Zukunft der Exportwirtschaft dar. Eine Aufwertung führt nun dazu, dass diese Firmen weniger finanzielle Mittel zur Verfügung haben, um ihre Investitionen zu tätigen. Ihre Entwicklung wird behindert. Der Schaden einer Aufwertung kann daher namentlich mittel- oder längerfristiger Natur sein bzw. "should be larger in the medium term" wie die Forscher schreiben.
In der kurzen Frist seien die Aufwertungseffekte hingegen weniger stark. Weil die momentane Exporttätigkeit vor allem von den etablierten, "hochproduktiven" Firmen dominiert wird. "The reaction of aggregate exports to an exchange rate depreciation is likely to be – overall – quite limited in the short run as it is largely determined by the (low) reaction of the largest and most productive firms, which make the largest share of EU exports."
Ende April findet eine Konferenz des Compnet zu diesem Thema statt. Man kann heute schon auf die Ergebnisse gespannt sein.
- 0 Kommentare Kommentar(e)
Mein Kommentar
Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.