Langjährige MitarbeiterInnen kamen in den letzten Jahren beim Lohn zu kurz. Wer beispielsweise 20 Jahre im selben Betrieb arbeitete, erhielt zwischen 2010 und 2016 nur 3.1 Prozent mehr Lohn. Derweil die Löhne der Neueingestellten um 7.1 Prozent stiegen. Besonders stark ist dieser Unterschied im Detailhandel, wo die Angestellten mit einem hohen Dienstalter fast keine Lohnerhöhung erhielten. Aber auch in der Industrie stiegen die Löhne bei Neueinstellungen mehr als doppelt so stark.
Gespräche mit den Betroffen zeigen klar, dass die Arbeitgeber ihre Sparmassnahmen infolge der Frankenüberbewertung vor allem auf Kosten der langjährigen und älteren Mitarbeitenden durchgezogen haben. Sie wollten vor allem bei Neueinstellungen attraktiv sein – also für Arbeitnehmende, die den Betrieb oder die Branche wechseln. Die älteren Angestellten würden angesichts der schwierigen Arbeitsmarktsituation in ihrer Altersgruppe schon nicht davonlaufen.
Der Arbeitgeberverband behauptet hingegen, dass diese schwache Lohnentwicklung strukturelle Gründe hätte. „Erfahrungswissen veraltet in der heutigen Zeit schneller“, versuchten sie der Presse zu erklären. Doch dieses Argument kann auch statistisch widerlegt werden. Denn im benachbarten deutschen Bundesland Baden-Württemberg ist nichts Derartiges erkennbar. Leider sind für das deutsche Bundesland nur Zahlen von 2010 bis 2014 verfügbar (Männer). Diese zeigen aber deutlich, dass die Löhne in allen Dienstaltersgruppen gestiegen sind – bei den langjährigen Angestellten sogar noch etwas stärker.
Doch für die Betroffenen kommt es noch dicker – nämlich im Alter bei der Pensionskassenrente. Wenn die Löhne nicht steigen, wird auch weniger in die Pensionskasse einbezahlt. Und weil die Mindestzinsen für Pensionskassenguthaben tief sind, wird ihr Altersguthaben schlechter verzinst. Die BVG-Kommission hat dem Bundesrat ja sogar empfohlen, den bereits tiefen Mindestzins von 1 auf 0.75 Prozent zu senken. Zu alledem sinken die Umwandlungssätze in den Pensionskassen. Während es vor rund 10 Jahren für 100‘000 Fr. Alterskapital noch 7000 Fr. Rente gab, geht der Trend heute in Richtung 5000 Fr. Selbst wenn die Zinsen wieder steigen, dürfte noch einige Zeit vergehen, bis die Umwandlungssätze wieder gegen oben angepasst werden.
10 Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise scheint es, als wäre die Generation der Ü55 eine der Hauptverliererinnen dieser Krise. Nicht nur wegen dem Lohn und der grösseren Arbeitsplatzunsicherheit. Sondern auch wegen der deutlich schlechteren Rentensituation in der 2. Säule.
Die Gegenmassnahmen sind klar: Die Löhne für langjährige MitarbeiterInnen müssen endlich wieder steigen. Der Mindestzins muss so hoch wie möglich sein. Der Bundesrat darf ihn sicher nicht senken. Und es braucht eine endlich eine substanzielle Erhöhung der AHV. Damit wäre den Betroffenen mit tiefen und mittleren Einkommen am besten geholfen.